Für eine Analyse des Beschäftigungspotentials junger Menschen in einem zukünftigen Arbeitsmarkt ist es notwendig, dieser Analyse eine Übersicht über die Daten und Fakten rund um das Thema voranzustellen sowie die zentralen Zäsurpunkte Revue passieren zu lassen, die die heutigen, politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen maßgeblich bestimmt haben. Es sollte hierbei betont werden, dass es kein Zufall ist, wenn die Ergebnisse aus den jüngsten Arbeitsmarktforschungen (z.B. Future of Jobs 2019; Skills Panorama) mit den derzeitigen Standards im Bereich Bildung und Beschäftigung übereinstimmen, die die EU innerhalb der Reformen rund um die Agenda 2020 definiert hat (z.B. Youth Goals 2027; DigComp 21). Die Forschungsergebnisse und Reformen heben das Ausmaß der technologischen Weiterentwicklung in Verbindung mit sozio-ökonomischen und demographischen Veränderungen hervor sowie deren Einfluss auf die Industrie, Arbeitsfunktionen, Beschäftigungsniveau und für Arbeit erforderliche Fähigkeiten.
In einer immer stärker vernetzten und interdependenten Welt (die Zeit, in der wir leben, wird “Die vierte industrielle Revolution” genannt) muss sich eine Vielzahl an Akteuren – PolitikerInnen, Institutionen, LehrerInnen, BerufsberaterInnen, aber auch Familien, Individuen und die Zivilgesellschaft als Gesamtes – bewusst werden, dass sich Modifikationen an dem Bildungssystem nur sehr viel langsamer vornehmen lassen, als sich der Arbeitsmarkt weiterentwickelt. Es bedarf einer intensiveren Kommunikation zwischen Arbeitsmarkt und Bildungssystem, um einen Mangel an erforderlichen Fähigkeiten bei der jungen Generation zu vermeiden, welcher einen Einfluss auf steigende Raten fehlender Beschäftigung haben könne. Auf der anderen Seite ist das Bewusstsein um die Komplexität und Geschwindigkeit der technologischen und digitalen Entwicklungen eine Voraussetzung für ein Umdenken der Arbeitswelt.
Wie geht man mit dem mühsamen Unterfangen um, relevante Informationen über die Zukunft von Fähigkeiten und Arbeitsplätzen für (junge) Menschen bereitzustellen – welche der geringen Aufmerksamkeitsspanne gerecht wird? Wie kann man es bewerkstelligen, in weniger als 8 Sekunden effektiv das Interesse der Jugendlichen zu wecken, um sie für einen längeren Lernweg zu gewinnen?
KarriereberaterInnen müssen ständig ihr eigenes Wissen überdenken und die von ihnen benutzten Werkzeuge überprüfen, um Leitlinien zu bereitzustellen, die der Realität des heutigen Arbeitsmarktes gerecht werden. Der Anwendungsbereich und Umfang des Lernmaterials und der Lernressourcen mögen dieselben bleiben, es bedarf dennoch einer Digitalisierung und einer fortwährenden Überprüfung und Anpassung, um sicherzustellen, dass jene weiterhin einen erfolgreichen Einfluss auf die junge Generation besitzen.
In diesem Sinne können die Charakteristika der virtuellen Welt dabei helfen, die Lernmaterialen als effektive Bildungsinstrumente zu gestalten, da sie den Lernenden intensivere Interaktionen durch umfassendere Lernaktivitäten ermöglichen. Im Besonderen eröffnet die virtuelle Welt verschiedene Möglichkeiten, den Lernenden ein vollständiges Verständnis von verschiedenen arbeitsspezifischen Situationen anhand von immersiven 3D-Erfahrungen zu vermitteln, in denen sich der Lernende frei und autonom durch die Lernumgebung bewegen kann. Hierdurch können sie die virtuelle Welt entdecken und erforschen, dabei selbst Verwendungszwecke finden, handeln, Fehler machen und mit anderen Lernenden interagieren wie kommunizieren. Dies erklärt das wachsende Interesse an dem Lernen und Lehren innerhalb von virtuellen 3D-Welten, welches von einer großen Anzahl an Schulen und Universitäten geteilt wird. Innerhalb der Literatur über virtuelle Lernumgebungen besteht weitgehend Konsens, dass jene die intrinsische Motivation und die Lernergebnisse der Lernenden verbessern sowie auch einen Anwendungsbereich innerhalb Arbeit und Forschung besitzen. Zusätzlich zu Bildung im Allgemeinen können virtuelle Welten einen bedeutenden Einfluss auf die Verbesserung der Fähigkeit im Bereich der Karriereentwicklung haben, indem sie die Lernenden mit brancheübergreifenden Schlüsselqualifikationen ausstatten, die ihnen ermöglichen, ihr Potential in Bildung, Arbeit und Leben in komplexen Situationen voll auszuschöpfen.
Das ist die Logik, die dieser zukunftsweisenden Initiative aus dem Jahr 2018 zugrunde liegt. Sie zielt auf eine Transformation der Berufsberatung ab, die die nächste Generation durch einen innovativen und spielbasierten Ansatz auf die Berufe der Zukunft vorbereitet: die SpielerInnen nehmen mit ihren Avataren in dem Spiel teil, welches sie in das Jahr 2050 teleportiert, wo sie entdecken, wie die Arbeitswelt sich verändern wird. Die Missionen und Herausforderungen in dem Spiel ermöglichen den Spielenden, die zukünftigen Jobs zu erforschen und herauszufinden, welche Fähigkeiten in der Zukunft für eine Berufskarriere erforderlich sein werden. Das und vieles mehr ist Future Time Traveller (www.future-time-traveller.eu), ein ambitioniertes Drei-Jahres-Projekt, welches von dem Erasmus-Plus-Programm der Europäischen Union mitfinanziert und von einem enthusiastischen Konsortium, bestehend aus sieben Organisationen, die in dem Bereich des lebenslangen Lernens und der Karriereberatung in Europa tätig sind, entwickelt wird.
Aufbauend auf einem Multi-Stakeholder-Ansatz und aufgrund der Notwendigkeit einer kollektiven Verantwortung für eine breiten und langfristigen Einfluss zielt dieses Projekt hauptsächlich darauf ab, den jungen Menschen ein zukunftsorientiertes Bewusstsein durch ein innovatives Spiel in einer virtuellen 3D-Welt zu vermitteln. Diese 3D-Welt setzt sich aus einer Serie an Szenarien zusammen, die dazu dienen, zukünftige Veränderungen in der Arbeitswelt kennenzulernen – insbesondere neu aufkommende Berufe und erforderliche Fähigkeiten. Des Weiteren soll Selbstverantwortung und Optimismus gegenüber der eigenen Zukunft vermittelt werden.
Bis zum 31. Dezember 2019 wird die aktive Teilnahme junger Menschen vom Alter 13 bis 19 Jahre durch den Wettbewerb Zeitkapsel „Jobs der Zukunft“ gefördert: die jungen Menschen werden ermutigt, eigene Ideen zu entwickeln, welche Art von Berufstätigkeiten, Herausforderungen und Fähigkeiten in der zukünftigen Arbeitswelt eine bedeutende Rolle spielen werden. Die Teilnehmenden können ihre Ideen in einem kurzen Text, in einem ein-minütigen Video oder in einer kurzen Power-Point-Präsentation vorstellen. Die Gewinner erhalten tolle technische Gadgets, z.B. Solarladegeräte, Action-Kameras und Bluetooth-Lautsprecher.
Zu gleichen Zeit hat das Konsortium eine tolle Möglichkeit für BerufsberaterInnen in Form eines Wettbewerbs geschaffen, innovative Instrumente, interaktive Spiele, Szenarien, Methoden, Plattformen und andere digitale wie analoge Lernspiele für die Berufsberatung zu entwickeln und zu bewerben. Darüber hinaus stellt das Konsortium praktische Leitlinien, Workshops und ein E-Book mit Best Practice Beispielen, um die teils verbesserungswürdigen Fähigkeiten der BerufsberaterInnen (die Projektstudie ergab, dass mehr als ein Drittel der interviewten BerufsberaterInnen ihre digitalen Kompetenzen als „durchschnittlich“ (28%) bzw. als „verbesserungswürdig“ (10%) beurteilten) in der Aufbereitung von digitalen Lerninhalten und –materialen zu stärken.
Letztendlich ist ein solider zukunftsorientierter Ansatz auf der politischen Ebene erforderlich. Die genannte Studie, die im Format einer zukunftsweisenden Berufsberatungsagenda entwickelt wurde, zielt darauf ab, politischen EntscheidungsträgerInnen ein praktikables Instrument an die Hand zu geben, das Evidenzen für die Bedürfnisse einer Vielzahl relevanter Interessengruppen mit einer detaillierten Beschreibung der angewandten Methodik verbindet. Das politische Engagement zur positiven Unterstützung der Zielsetzung des Projekts könnte verschiedene Grade erreichen: die Formulierung und Bewerbung spezifischer Initiativen auf verschiedenen Ebenen (von der lokalen über die nationale bis zur europäisches Ebene); die Anpassung der Agenda und die Entwicklung von flexibleren Bildungs- und Trainingssystemen aus einer Perspektive des lebenslangen Lernens; sowie selbstverständlich die Förderung von Investitionen, die eine größere Kompatibilität mit den neu aufkommenden Realitäten in der Arbeitswelt aufweisen sollten.
Für mehr Informationen: opportunities@ciape.it
